- Ein Leitartikel von Wolfgang Marchewka (c)-
Ein American Staffordshire Terrier, als „Kampfhund“
diffamiert, wie er bei normaler Prägung wirklich ist: menschenfreundlich,
kinderfreundlich, wesensfest - auch als Schulhund.
Politiker scheinen zu meinen, dem berechtigten Sicherheitsbedürfnis der
Bevölkerung schade das Ungleichgewicht zwischen moderner Hightechkriminalität
einerseits und der lokalen polizeilichen Mangelverwaltung andererseits
nicht.
Wir leben in einem Kreis, in dem sich die Verantwortlichen der Feuerwehren
seit Jahren um ein angemessenes Ausbildungszentrum mit Atemschutzstrecke
bemühen, um ihre Aufgaben im Falle eines Brandes auch wahrnehmen zu können.
Politiker im Innenministerium von Sachsen-Anhalt scheinen zu meinen, auf ein
paar Brände mehr oder weniger komme es ebenso wenig an wie auf ein paar
Feuerwehrleute, deren Gesundheit und Leben bei Einsätzen inzwischen unzumutbar
gefährdet wird: Atemschutz? Wozu? Das kostet Geld!
Die Liste der vorhandenen Sicherheitsmängel ließe sich noch beliebig
fortsetzen, was aber nichts nützt, denn wir wissen spätestens seit dem Scheitern
einer vernünftigen Gesundheitsreform: Politiker in Deutschland lösen heutzutage
kein Problem, manche sind inzwischen selbst zum Problem geworden.
Da will Problemfall Holger Hövelmann, der glücklich von der SED zur SPD
gewendete Innenminister von Sachsen-Anhalt, natürlich nicht nachstehen, denn da
wo Politiker beim konkreten Lösen von konkret vorhandenen Aufgaben konkret
versagen, gibt es ein gern eingesetztes konkretes Mittel, um von den vorhandenen
eigenen Schwächen ablenken zu können: Populismus. Man redet einer nicht
informierten oder via Medien vorsätzlich oder grob fahrlässig falsch
informierten angeblichen Öffentlichkeit nach dem Maul und täuscht damit eine
tatsächlich nicht vorhandene Tatkraft vor.
Und wenn gar nichts mehr geht, gibt es für solche Nebelkerzen werfenden
Politiker immer noch einen letzten Ausweg: Man kommt auf den Hund, und das
sowohl im übertragenen Sinne als auch im tierischen.
Andere Bundesländer haben es vorgemacht, allerdings unter dem Eindruck einer
dramatischen Situation, als in Hamburg ein schwer krimineller Drogenhändler
türkischer Nationalität mit einem vorsätzlich scharf gemachten Hund einen
tödlichen Unfall verschuldete und die üblichen blutgierigen Medien getreu dem
alten Journalistenmotto „Blut ist gut für die Auflage“ eine menschenverachtende
Kampfhundedebatte anzettelten.
Manche Politiker nahmen diesen blutigen Steilpass begierig auf und ließen
Papiere bedrucken, auf denen bestimmten Hunderassen die Schuld am menschlichen
Versagen zugewiesen wurde. Perverser können menschliche Gedankengänge kaum sein,
aber das ficht bestimmte Politiker nicht an, solange es nur genügend
Journalisten gibt, die aus einer Mischung von eigener Unkenntnis und dem Zwang,
die erzeugten medialen warmen Semmeln verkaufen zu müssen, bevor die Brötchen
alt geworden sind, mit gezielten Kampagnen die nicht informierte Öffentlichkeit
mit der Forderung nach so genannten „Kampfhundegesetzen“ hinter sich bringen,
unter Missachtung der Grundregel seriöser Zeitungsleute, dass Journalisten
selbst keine Ereignisse „machen“, sondern lediglich über Ereignisse
berichten.
Sachsen-Anhalt galt bisher beim politisch-medialen Wettlauf um die
wirkungsvollste hundliche Scheinlösung sogar international als Vorbild,
verweigerten sich die Landespolitiker in geradezu lobenswerter Weise den
populistischen Bestrebungen der Landes-SPD nach einem so genannten
„Kampf“Hundegesetz, nachdem eine Experten-Anhörung im Landtag von Magdeburg die
Sinnlosigkeit des von den so genannten Sozialdemokraten vorgelegten
Gesetzentwurfes eindeutig ergeben hatte. Zu den Experten, die den Gesetzentwurf
der SPD damals ablehnten, gehörten auch die Vertreter der Polizei von
Sachsen-Anhalt, was auch für den nicht informierten Bürger deutlich macht: Um
Sicherheitsfragen geht es bei diesen Hundegesetzentwürfen nun wirklich nicht.
Preisfrage: Warum wohl verschweigen die Medien, die seit Wochen in
Sachsen-Anhalt an einer „Kampfhund“-Kampagne arbeiten, das eindeutige Ergebnis
dieser Experten-Anhörung in ihrer Berichterstattung hartnäckig?
Preisfrage zwei: Gehört es zu den vordringlichen Aufgaben der Medien, bei
bestimmten Ereignissen die Faktenlage zu verschweigen?
Leider scheint es mit der politischen Vernunft in Sachsen-Anhalt so langsam
zu Ende zu gehen, seitdem die ehemalige Koalition der hundekundlich Einsichtigen
aus CDU und FDP (übrigens stimmten damals auch die PDS-Vertreter im Ausschuss
gegen den SPD-Gesetzentwurf) bei den Landtagswahlen nicht bestätigt und durch
eine Große Koalition aus CDU und SPD abgelöst worden ist. Seitdem versuchen
bestimmte SPD-Vetreter, die mit ihren obskuren hundlichen Ansichten selbst vor
Gericht gescheitert waren, den ideologischen Grabenkrieg aufs Neue zu entfachen,
auf ganz merkwürdige Art und Weise unterstützt von bestimmten
Medienvertretern.
Was ist ein Kampfhund? Kein Angehöriger einer bestimmten Hunderasse, sondern
ein bedauernswertes Opfer menschlicher Perversität, denn wer einen Kampfhund
will, muss nicht nur dementsprechend züchten, sondern vor allem die Hundebabys
bereits im Alter von wenigen Wochen sozial zerstören und gezielt scharf machen.
Diese missbrauchten Welpen dürfen zu Artgenossen keinen Kontakt entwickeln,
damit sie ihresgleichen nicht erkennen, scharf werden und sich nach den Wünschen
des Menschen auf andere Hunde stürzen.
Nicht überraschend Nummer eins: Solche Perversitäten finden in den
hundehaltenden Familien nicht statt, sondern als Einzelfall höchstens in
kriminellen bis asozialen Kreisen.
Nicht überraschend Nummer zwei: Selbst im Mutterland dieses einst als
„Hundesport“ bezeichneten Missbrauchs von Tieren, England, ist das seit mehr als
160 Jahren verboten, und auch in Deutschland untersagt schon das im
Verfassungsrang stehende Tierschutzgesetz derartiges Treiben.
Für den unkundlichen Normalbürger heißt das: Wir haben also bereits ein
Gesetz, das Kampfhunde im wirklichen Sinne des Wortes verbietet, der einzige
Mangel könnte darin liegen, dass Behörden vor Ort vorhandene Gesetze nicht
anwenden - eine amtliche Leistungsschwäche, die wir bereits von anderen
Problemkreisen ebenfalls kennen und die auch beim berüchtigten Hamburger Fall
den Unfall erst möglich gemacht hat.
Neue Preisfrage: Wenn also ein Gesetz bereits vorhanden ist und ein zweites,
nämlich das SOG abgekürzte Gesetz zur Regelung der Sicherheit und Ordnung in
Sachsen-Anhalt, einen weiteren Handlungsspielraum eröffnet; wenn also mindestens
zwei Gesetze bereits vorhanden sind, die von einer bestimmten menschlichen
Schicht nicht beachtet wird, wer ist da so töricht zu glauben, wenn Politiker
zum selben Thema noch ein drittes Gesetz erlassen, werde es von der kriminellen
Klientel besser beachtet? Richtig, niemand, noch nicht einmal Innenminister
Hövelmann.
Was also steckt dahinter, wenn er gegen alle Vernunft ein „Kampfhunde“Gesetz
will? Richtig, blanker Populismus, der beim nicht informierten Bürger die
Handlungsfähigkeit eines Politikers vortäuschen soll.
Gelegentlich behaupten fachlich schwache Medienvertreter, Sachsen-Anhalt sei
das einzige Bundesland ohne Gesetz gegen Kampfhunderassen. Auch diese Behauptung
ist sachlich falsch. Richtig ist, unser Nachbarland Thüringen hat in seinem
„Gesetz zum Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Hunden“ noch nie Rasselisten
gehabt und unser anderes Nachbarland Niedersachsen hat die einst unter
SPD-Herrschaft eingeführten Rasselisten wieder abgeschafft, und das auch unter
dem Eindruck der eindeutigen Forschungsergebnisse der Tierärztlichen Hochschule
in Hannover und des ebenso eindeutigen Ergebnisses einer Experten-Anhörung. In
Niedersachsen war es also möglich, dass Politiker beim Thema „gefährliche Hunde“
dazugelernt haben, zwei Jahre später fordert die SPD in Sachsen-Anhalt die Rolle
rückwärts und tut dabei so, als hätte es die Aussagen der Fachleute ebenso wenig
gegeben wie die Erkenntnisse der Wissenschaft. Dümmlicher kann Politik nicht
sein.
Noch ein kleines Beispiel zur Hövelmann´schen Unkenntnis: In einem Gespräch
mit der „Magdeburger Volksstimme“ habe der Innenminister nach Angaben dieser
Zeitung geäußert, es sei wichtig, „zwischen einem Pudel und einem Kampfhund“ zu
unterscheiden. Falsch, Herr Minister: Auch die enge genetische Übereinstimmung
zwischen einem Pudel und einem Bullterrier ist wissenschaftlich längst
nachgewiesen.
Was das ganze Polit-Theater über das Hundethema hinaus bedenklich macht, ist
die Tatsache, dass Hunde wie auch Menschen zu den sozialen Lebewesen gehören,
deren Verhalten überwiegend durch Umwelteinflüsse geprägt wird, und nicht durch
Rassen. Rassismus aber hilft weder bei Menschen noch bei Hunden weiter.
Was ebenfalls bedenklich ist: Die SPD will in ihrem Hundegesetz ein
Ermächtigungsgesetz verankern. Danach wäre der politische Beamtenapparat
pauschal ermächtigt, am Parlament vorbei ganz nach Belieben ganze Hunderassen
für gefährlich zu erklären. Spätestens an dieser Stelle sollten zwei betroffene
Gruppen aufmerken: Einerseits die seriösen Hundehalter, die zum Beispiel einen
Schäferhund, einen Boxer oder andere große Hunde ihr Eigen nennen, und
andererseits die Gruppe der Abgeordneten bei den im Landtag vertretenen
Parteien: Seid ihr wirklich freiwillig bereit, euch vom Magdeburger
Beamtenapparat politisch entmündigen zu lassen?
Siegfried Borgwardt, CDU-Abgeordneter im Wahlkreis Jessen/Gräfenhainichen,
hat sich bereits festgelegt: „Das SPD-Gesetz können wir uns sparen, schon weil
es sich dabei um eine Ermächtigung handelt und die Parlamentarier danach keinen
Einfluss mehr haben. Das verstößt gegen unsere demokratische Grundüberzeugung